Dabei sollte man zur Einordnung wohl sagen, dass es „einen Stadtwald“, so wie man ihn sich vorstellt, nicht gibt. Zwar hat der Kieler Stadtwald inzwischen eine Größe von über 1.000 Hektar, diese Fläche ist allerdings auf sehr viele Einzelflächen aufgeteilt. Erfreulicherweise ist der Kieler Wald gesund und der jährliche Zuwachs um circa 9.500 Festmeter liegt landesweit über dem Durchschnitt.
In der Forstwirtschaft spricht man vom Dreiklang der Nutzung eines Waldes: die Nutzung zum Holzeinschlag, zum Artenschutz und für die Naherholung. In Kiel wollen wir unsere Art der Nutzung nun verändern: Wir werden den kommerziellen Holzeinschlag nicht mehr vornehmen und bei der Nutzung verstärkt auf die anderen beiden Bereiche setzen, um den Wald zur Klimaanpassung zu nutzen. Und wenn wir den Wald „in Ruhe“ wachsen lassen, kann der Wald seine Funktion als CO2-Senke wahrnehmen.
Oft hört man das Argument, gefällte Bäume fänden ja in nachhaltigen Produkten Verwendung. Dies ist allerdings nicht schlüssig, da die durchschnittliche Nutzungs- oder Lebensdauer auch hochwertigerer Möbel nur bei circa 20 bis 30 Jahren liegt. Und da das Holz meistbietend verkauft wird, hat man als Waldbesitzer bzw. -verkäufer auch nur sehr geringen Einfluss auf die anschließende Nutzung. Der Kaufende ist oft auch nur Zwischenhändler. Zudem dominieren im Kieler Wald Buchen und ausgerechnet diese Bäume werden in Europa und Deutschland viel als Energieholz genutzt. Das heißt, im Zweifel landet das Holz im Kamin.
In Kiel werden wir uns an den Klimawandel anpassen müssen. Hier wirkt der Wald in heißen Sommern temperatursenkend im städtischen Mikroklima. „Viel“ Grün in der Stadt kann an besonders heißen Tagen, von denen es zukünftig eher mehr geben wird, die Temperatur in der Stadt um 1,5 bis 2,5° C senken.
Ein naturnah erhaltener Wald ist auch wieder in der Lage seine Funktion als Habitat wahrzunehmen und dient somit aktiv dem Artenschutz. Dies war ein weiterer wichtiger Grund für die Entscheidung der rot-grünen Kieler Kooperation, den Wald besser zu schützen.
Um all die bisher beschriebenen Punkte erfüllen zu können, müssen wir den Wald – soweit es in einer Stadt wie Kiel möglich ist – einfach in Ruhe lassen. Das bedeutet auch, dass all die gewollte Nutzung der Kielerinnen und Kieler und aller Waldbesucher*innen auf den Wegen stattfinden sollte. Also gilt beim Spazieren mit oder ohne Kinder und Hunden, Joggen und Radfahren: Bitte keinen Weg einschlagen, der unnötig querfeldein durch den Wald geht.
Wir verzichten auf kommerziellen Holzeinschlag. Das Verkaufen von Holz beispielsweise nach Maßnahmen zur Verkehrssicherung oder beim Bruch nach Sturmschäden unterbinden wir hier aber nicht. Ein Teil des Holzes soll als Totholz im Wald verbleiben, da dies für die Entwicklung vieler Tier- und Pflanzenarten wichtig ist. Der andere Teil kann verkauft werden.
Natürlich „verdient“ Kiel dann nichts mehr oder sehr viel weniger am Wald. Das erscheint im Hinblick auf die vielen zu erreichenden Vorteile sehr verschmerzbar. Schleswig-Holstein gilt als waldärmstes Bundesland. Fünf Prozent des deutschen Waldes soll naturnah geschützt sein. Ab sofort hilft der Kieler Wald beim Erreichen solcher Ziele. Am Gemeinwohl kann kein Preisschild hängen!