„Wir hinterfragen eigentlich alles aus der Welt des anderen“

Im August 2019 hat sich unsere Doppelspitze mit dem "DemokratiePink"-Team, Julia Hansen und Philip Schüller, zum Interview getroffen: Julia Hansen, "Julispiration", ist Bloggerin und Influencerin. Philip Schüller ist Mitglied der SPD-Fraktion im Kieler Rathaus. In ihrem gemeinsamen Podcast "DemokratiePink" zeigen sie, dass Politik und Lifestyle manchmal enger zusammengehören, als man denkt.

Bild: Fabian Winkler

Westwind: Wir sind durch euren Podcast „DemokratiePink“ auf euch aufmerksam geworden. Dort verbindet ihr die Themen Lifestyle und Politik. Könntet ihr unseren Lesern das Konzept erklären?

Philip: Die Idee ist im Zuge einer Wahl entstanden. Da Julia durch ihren Instagram-Kanal eine relativ große Reichweite hat, haben wir darüber dazu aufgerufen wählen zu gehen. Bei vielen Followern ist das positiv angekommen. Wir haben uns dann gefragt, wie wir unsere Themen weiterhin verbinden können. Im Podcast wollen wir die Welt, in der ich Kommunalpolitik mache, mit der Welt verbinden, in der Julia über Lifestyle berichtet. Das ist die Grundidee.

Julia: Die beiden Gruppen an Menschen, die uns jeweils folgen, interessieren sich auch für die Themen der anderen Gruppe. Ganz oft erzählen mir Leute, wie spannend sie finden, was Philip alles macht. Einer der Gründe war also auch, dass Philips Leute nicht so viel über Instagram und Blogger wissen und meine Leute nicht so viel über Politik.
Westwind: Wer ist eure Zielgruppe? Wen erreicht ihr mit dem Podcast?

Julia: Mit meinen Themen erreiche ich die Jüngeren, so zwischen 16 und 35 Jahren, also auch diejenigen, die jetzt erstmals wählen gehen dürfen. Das sind auch die, die noch den Mut und die Lust haben, etwas zu verändern. Das ist auch ungefähr die Zielgruppe, die mir auf Instagram folgt.

Philip: Die Menschen wollen zum Beispiel wissen, was der Unterschied zwischen ehrenamtlicher und bezahlter Politik ist. Wir reden im Podcast aber nicht nur über Kommunalpolitik, sondern auch über Themen, die im Bund relevant sind und die auch die Jüngeren interessieren. Wie interessiert diese Gruppe ist, hat man zum Beispiel durch das Rezo-Video gesehen. Das ist unter anderem ein so großes Thema geworden, weil sich mal jemand aus dieser Szene mit Politik beschäftigt hat.

Julia: Wenn ich bestimmte Fragen stelle, dann sind die Leute oft sehr dankbar, weil sie es eventuell auch nicht wussten, sich aber nicht getraut haben zu fragen. Wir gehen ganz offen an die Sache ran und hinterfragen eigentlich alles aus der Welt des anderen. Und das wünschen wir uns auch in unserer Zielgruppe.

Westwind: Philip, du bist Mitglied der Kieler Ratsversammlung. Wie bist du eigentlich dazu gekommen dich zu engagieren?

Philip: Früher war ich Mitglied bei Borussia Dortmund, weil ich gehofft hatte, besser an Karten zu kommen. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich den Mitgliedsbeitrag besser investieren kann, und habe mich entschieden in eine Partei einzutreten. Für mich war klar: Es muss eine Partei sein, die links der Mitte ist.
Westwind: Konkret beschäftigst du dich viel mit Sportpolitik in Kiel. Was genau sind dabei deine Aufgaben?

Philip: Ich unterscheide immer zwischen zwei Arten von Aufgaben. Zum Einen werden Dinge von außen an mich herangetragen. Wenn zum Beispiel etwas nicht so gut läuft, dann suchen die Leute einen Ansprechpartner. Das hat zwar wenig mit Kreativität und eigenen Ideen zu tun, ist aber trotzdem sehr wichtig. Andererseits gehe ich auf die Leute zu, setze mich zum Beispiel mit Leistungssportlern zusammen. Ich bin der Meinung, dass wir in Kiel den Leistungssport viel mehr fördern müssen. Ich war selbst Leistungssportler und habe geturnt. Man kennt Holstein Kiel, man kennt den THW und auch mit Breitensport weiß jeder etwas anzufangen. Aber dazwischen gibt es noch den Bereich der Leistungssportler, welche in der Sportförderung häufig untergehen.

Westwind: Julia, du hast als „Julispiration“ über 37.000 Follower bei Instagram. Wie bist du eigentlich dazu gekommen Influencerin zu werden?

Julia: Ich war früher bei Facebook sehr aktiv, hatte dann aber das Gefühl, dass täglich neue Beiträge und Bilder für die Leute zu viel sind. Dann habe ich mit Instagram angefangen – unter anderem, weil Philip mich dazu gebracht hat. Es hat mir gleich Spaß gemacht. Die ersten 10.000 Follower kamen relativ schnell und damit auch die ersten Kooperationen. Jetzt ist es meine Leidenschaft. Aber Instagram ist auch Arbeit, man muss schon jeden Tag etwas posten und immer aktiv bleiben.

Westwind: Hast du dir im Vorfeld überlegt, welche Themen du behandeln möchtest? Oder war das eine spontane Entscheidung?

Julia: Mit der Zeit lernt man seine Community kennen und weiß dann, was ihr gefällt. Ich glaube aber schon, dass es wichtig ist etwas zu haben, mit dem die Leute einen verbinden. Bei mir sind es Mode und Kreativität, aber eben auch gute Laune. Ich versuche auch nach der Arbeit, trotz einer Vierzig-Stunden-Woche, positive Stimmung zu vermitteln.

Westwind: Hast du das Gefühl ein Vorbild zu sein?

Julia: Ja, definitiv. Mir folgen viele jüngere Mädels, da muss man schon Vorbild sein. Inzwischen folgt mir auch die kleine Tochter meiner Abteilungsleiterin. Da muss ich manchmal mit meiner Wortwahl ein bisschen aufpassen.

Westwind: Wie wählst du aus, für wen du Werbung machst?

Julia: Ich achte natürlich zum Beispiel bei Klamotten darauf, dass sie zu mir passen. Das Schöne ist, dass ich von Instagram nicht leben muss. Es gibt viele Influencer, die damit ihre Miete zahlen. Die nehmen auch Aufträge an, bei denen sie das Produkt nicht toll finden, weil sie das Geld brauchen. Ich beobachte aber auch den Trend, dass viele Influencer darauf achten bewusster einzukaufen. Instagram ist ein Werkzeug, es kommt darauf an, wie man es nutzt.

Westwind: Ihr habt euch als Lieblingsort die Seebar an der Kiellinie ausgesucht. Warum?

Julia: Hier komme ich sofort in Urlaubsstimmung. Wenn ich diesen Ort in einer meiner Instagram-Storys zeige, dann glauben meine Follower aus Hamburg oder Berlin immer gar nicht, dass das in Kiel ist.

Philip: Anfang September war ein Teil der Kiellinie auch komplett für Autos gesperrt, eine Idee des Oberbürgermeisters. Man wollte für zwei Wochen ausprobieren, welche Möglichkeiten entstehen, wenn man die schönste Stelle Kiels nicht für Autos nutzt. Stattdessen gab es viel mehr Platz für Fahrrad- und Fußverkehr und sogar Yogakurse.

Westwind: Wo wir gerade beim Thema Mobilität sind: Könntet ihr euch noch mehr autofreie Zonen in Kiel vorstellen?

Philip: Ich glaube, da ist in Kiel noch viel Luft nach oben. Man merkt, wie toll die Veloroute auf dem Westufer angenommen wird, die Nachfrage ist also da. Hier in Deutschland gibt es viel Platz für Autos, meist daneben einen kleinen Radweg und einen kleinen Bürgersteig. Solange das so bleibt, werden wir nichts an der aktuellen Mobilität verändern können.

Julia: Amsterdam und Kopenhagen sind sehr gute Beispiele mit großen Fahrradstraßen. Dort wird den Radfahrern viel mehr Bedeutung eingeräumt. Das würde ich mir auch für Kiel wünschen.

Westwind: Wir danken euch sehr für dieses Gespräch. Können wir uns denn auch schon auf eine neue Podcast-Folge freuen?

Philip: Ja, spätestens wenn dieses Interview erscheint, werden wir eine neue Folge veröffentlicht haben.

Philip Schüller

Thore Pingpank

Tabea Philipp