Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in unserer Stadt und im ganzen Land geht es sichtbar auf Weihnachten zu. Weihnachten ist ein Fest des Friedens.
Wenn wir 19 Kriege weltweit zählen und noch mehr schwelende bewaffnete Konflikte – wo ist der Friede dann? Mit Millionen Menschen, die auf der Flucht sind. Für 4.000 von ihnen endete ihre Flucht in diesem Jahr in unserer Stadt.
Wenn auf unseren Straßen die grausamste Gewalt verübt wird, eine Frau lebendig verbrannt wird – wo ist der Friede dann?
Wenn Menschen angegriffen werden, die für unser aller Sicherheit arbeiten – wo ist der Friede dann? Angriffe wie auf den Kieler Polizeibeamten, der bei einer Kontrolle in Gaarden von einem Verdächtigen gefährlich verletzt worden ist. Angriffe wie auf den bayerischen Polizisten, der von einem rechtsextremen sog. „Reichsbürger“ bei einer Hausdurchsuchung erschossen wurde. Wo ist der Friede dann?
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Zwar gibt es Gewalt und Leid, seit es Menschen gibt. Niemand weiß einen Weg, sie gänzlich aus der Welt zu schaffen.
Und doch können wir etwas tun. Wir können etwas dafür tun, jenen zu helfen, die vor Gewalt und Leid geflohen sind und alles zurückgelassen haben. Niemand ist in diese Welt geboren, um Flüchtling zu werden. Und wir hier in Kiel, hier in Deutschland haben ein großes Glück, in Freiheit und ohne existenzielle Not leben zu können. Wir können helfen, viele wollen helfen, und wir werden helfen: Die Verwaltung schlägt vor, im Stellenplan 32 zusätzliche Stellen in der Willkommensbehörde im Bürger- und Ordnungsamt, an den Volkshochschulen für Integrationskurse und im Jugendamt einzusetzen. Die SPD-Fraktion wird dem zustimmen.
Wir können unvorhersehbare Gewalttaten nicht verhindern. Gerade weil sie unvorhersehbar sind. Aber wir können den Opfern helfen. Aus Mitleid, aus sittlichem Anstand, aus Solidarität, aus Nächstenliebe. Aus einem Gefühl heraus, dass die Gewalt nicht das letzte Wort haben wird.
Wir können noch mehr tun: Wir können den Zusammenhalt und das Miteinander in unserer Stadt festigen. Wir können die Menschen stärken, die sich umeinander und um ihre Mitmenschen kümmern. Indem wir ehrenamtlich Engagierte in Vereinen und Initiativen, in den Freiwilligen Feuerwehren und in den Rettungsdiensten unterstützen, wo es möglich ist. Sie sind doch ein besonderes Vorbild: Weil sie nicht zuerst fragen: „Was ist mit mir?“, sondern: „Was ist mit den anderen?“.
Die SPD-Fraktion wird sich dieser Zusammenarbeit mit den freiwillig Engagierten in unserer Stadt immer besonders widmen. Mit dem im vergangenen Jahr begonnenen Fonds „Gemeinsam Kiel gestalten“, aus dem nun die Verschönerung des Schützenparks und zahlreiche Maßnahmen in vielen Stadtteilen finanziert werden, leisten wir dazu einen Beitrag. Wir haben Vorhaben gefördert, die entweder die öffentliche Sicherheit oder den nachbarlichen Zusammenhalt stärken – oder beides. Von der Skaterbahn in Mettenhof über die Rönner Speeldeel, von der Wik bis zur Altstadt – ganz Kiel hat gut davon.
Wie anderen Schwerpunkte im Stellenplan sind richtig gewählt: Mehr als 50 zusätzliche Stellen im Bereich der Kinder- und Jugendeinrichtungen und weitere Stellen im Bereich der Feuerwehr und des Jugendamtes. Die SPD-Fraktion wird auch diesem Stellenaufwuchs zustimmen. Wir wissen nach Gesprächen, dass der Stellenplan die Zustimmung der Personalvertretungen findet. Das ist nicht selbstverständlich, und deshalb würdigen wir diese Zustimmung besonders. Und wir schließen uns dem Wunsch vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, dass im Neuen Rathaus eine Infothek aufgestellt wird.
Zusammen mit den ca. 273 zusätzlichen Stellen des Stellenplans des Vorjahres ist dies nichts anderes als eine beginnende Kehrtwende vom Personalschwund in der öffentlichen Verwaltung, die ich sehr begrüße. Wir können erkennen, dass es in der großen Kieler Stadtverwaltung Bereiche gibt, die dringend auf zusätzliches Personal angewiesen sind, und die in einigen Jahren auf Verjüngung angewiesen sein werden. Die Verwaltung geht hier den richtigen Weg, auf dem wir sie bestärken.
Dabei will ich ausdrücklich festhalten: Entscheidungen zum Personalabbau aus der Vergangenheit, wie sie z.B. das Grünflächenamt besonders stark betreffen, haben keine Zukunft. Wir erwarten deshalb, dass die Stadtverwaltung bei ihrer zukünftigen Stellenplanung die Rücknahme des Stellenabbaus im Grünflächenamt veranlasst.
Zu dem wiederholten Antrag „Besetzung offener Stellen“ der Fraktion DIE LINKE beantrage ich die Überweisung in den Innen- und Umweltausschuss, damit wir gemeinsam mit den Kollegen die Hintergründe der öffentlichen Personalwirtschaft besprechen können. Der Antrag „Anpassung der Fraktionsstellen“ lehnen wir ab, die geltende Regelung ist angemessen.
Die SPD-Fraktion unterstützt die von der Verwaltung vorgeschlagenen Investitionen im Bereich der öffentlichen Sicherheit und der inneren Verwaltung: Dazu gehört die Beschaffung eines Gerätewagens Atemschutz für die Berufsfeuerwehr und zweier Tanklöschfahrzeuge für die Freiwilligen Wehren, und dazu gehören umfangreiche Investitionen in die IT-Ausstattung. Hackerangriffe in der jüngeren Vergangenheit haben erneut die potentielle Verwundbarkeit öffentlicher Verwaltungen für Attacken gezeigt, und der zuständige Innenausschuss hat bereits beschlossen, sich mit dem Thema zu befassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in unserem Land leben Menschen, die die Souveränität Deutschlands bestreiten und es als von den USA besetzt bezeichnen; als solch ein Mensch wird der Sänger Xavier Naidoo im Magazin „stern“ im Jahr 2015 benannt.
Und es gibt Menschen, die die Verschwörungsthese verbreiten, die Bundesrepublik sei lediglich eine Firma mit dem Namen „Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH“. Dies soll die Assoziation wecken, Deutschland würde von Bänkern an wen auch immer verkauft, und bei dieser Assoziation schimmern noch abgründigere, antisemitische Verschwörungstheorien durch.
Sie nennen sich „Reichsbürger“. Ich für meinen Teil mache da nicht mit: So jemand ist Bürger der Bundesrepublik, auch wenn er absurde Hirngespinste vertritt. Und die Gesetze dieser Republik sollen ihn mit ganzer Wirkung und spürbar treffen.
Was ich vor allem will, ist für Aufklärungsarbeit werben: Nicht bei den überzeugten Rechtsextremen, die gebe ich verloren. Sondern bei den Uninformierten, bei den Verführten, bei den Getäuschten und bei denjenigen, die statt diesem Schmutz lieber offen das Gespräch suchen.
Mit einem Wort: Ich bin für eine noch aktivere politische Bildungsarbeit in unserer Stadt. Nicht nur von der Stadt, sondern von allen, die dies leisten können und wollen. Und ich will im Rahmen des mir möglichen mit allen sprechen – innerhalb des Rathauses und außerhalb, in den Hochschulen und in den Unternehmen, in den Gewerkschaften und in den Verbänden –, wie wir gemeinsam diesem Schmutz entgegen treten. Denn wenn wir es nicht tun, kann es – nicht sofort, aber irgendwann – zersetzend auf die demokratische Staatsgestaltung wirken, die wir zu achten verpflichtet sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
aus Finnland ist ein schöner Brauch überliefert, und Kiel ist Finnland durch seine Partnerstadt Vaasa partnerschaftlich besonders verbunden. In der Stadt Turku wird am Heiligabend seit dem Mittelalter der „Weihnachtsfrieden“ um 12 Uhr ausgerufen, der drei Tage dauert und innerhalb dessen jeder Friedensbruch jahrhundertlang besonders schwer geahndet wurde. Die Finnen schauen sich überall im Land diese Proklamation des „Weihnachtsfriedens“ vom Rathaus in Turku so an, wie bei uns Silvester „Dinner for one“ geschaut wird. Vielleicht ist das eine Tradition auch für Kiel? Es wäre doch schön, wenn ein amtlich ausgerufener „Weihnachtsfrieden“ tatsächlich helfen könnte, wenigstens ein paar Tage etwas mehr Frieden zu stiften.
Ich bitte um Zustimmung zum Stellenplan und zum Haushaltsentwurf, und ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine frohe und friedliche Weihnacht.
Herzlichen Dank!